Phytocannabinoide
Cannabinoide – ein Wort, das bei vielen sofort Unbehagen hervorruft. Allein schon die ersten Buchstaben deuten darauf hin, dass es sich um etwas handeln muss, das aus der Hanfpflanze stammt, und das ist ja schließlich eine Droge. Das zeigt, wie wenig bis heute über Cannabinoide und Phytocannabinoide bekannt ist. Für viele ist es zwar nicht überraschend, dass Phytocannabinoide in Pflanzen zu finden sind, wohl aber, dass auch der Körper Cannabinoide produzieren kann. In diesem Beitrag erfahren Sie alles rund um die wertvollen Phytocannabinoide.
Was sind Phytocannabinoide?
Eine Frage, die sehr häufig gestellt wird. Bei Phytocannabinoiden handelt es sich um Cannabinoide, die in Pflanzen vorkommen und durch diese gebildet werden. Hauptsächlich sind Phytocannabinoide tatsächlich in Cannabispflanzen zu finden, mittlerweile gibt es aber auch Hinweise darauf, dass es noch weitere Pflanzen gibt, die Phytocannabinoide bilden. Phytocannabinoide werden hauptsächlich aus dem Harz der Blüten der weiblichen Hanfpflanzen gewonnen. Die Konzentration in den Blüten ist die höchste, die in der ganzen Pflanze zu finden ist. Wie hoch der Gehalt an Phytocannabinoiden in der Pflanze ist, hängt sowohl von der geografischen Herkunft als auch von der Sorte ab. Wichtig ist auch die Lagerung nach der Ernte und die Verarbeitung der Pflanze. Bevor wir näher auf die Phytocannabinoide eingehen, zunächst einmal ein Blick auf den Unterschied zwischen Cannabinoiden und Phytocannabinoiden.
Cannabinoide und Phytocannabinoide – der Unterschied
Bei Cannabinoiden handelt es sich um eine große Klasse chemischer Verbindungen. Cannabinoide werden von vielen biologischen Organismen gebildet. Sie sind beteiligt an der Regulierung von unterschiedlichen biologischen Funktionen im Körper und tragen so zu einem guten Gleichgewicht bei. Es gibt zwei Hauptkategorien, in die Cannabinoide eingeteilt werden. Zum einen die Phytocannabinoide und zum anderen die Endocannabinoide. Zwischen diesen beiden Kategorien gibt es einen großen Unterschied. Während die Phytocannabinoide durch Pflanzen produziert werden, findet die Produktion der Endocannabinoide im Körper von Menschen und auch anderen Säugetieren statt. Endocannabinoide sind wichtig für die sogenannte Homöostase im Körper. Von Homöostase wird gesprochen, wenn die Funktionen des Körpers im Gleichgewicht sind.
Cannabinoide und das Endocannabinoid-System
Körpereigene Cannabinoide tragen zum Überleben bei. Sie interagieren mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System. Dieses sorgt dafür, dass das funktionelle Gleichgewicht im Körper erhalten bleibt. Es beeinflusst eine Vielzahl von Funktionen, darunter Stress, Schmerz, Appetit, Schlaf, Motivation und die Herz-Kreislauf-Funktion. Das Endocannabinoid-System besteht aus Rezeptoren, die im ganzen Körper verteilt sind, den Endocannabinoiden, die an diese Rezeptoren andocken sowie Enzymen, die für die Synthese und den Abbau der Endocannabinoide zuständig sind.
Die beiden bekanntesten Cannabinoid-Rezeptoren im Körper sind die CB1- und CB2-Rezeptoren. Die CB1-Rezeptoren sind hauptsächlich im Gehirn zu finden, dort steuern sie eine Vielzahl von verschiedenen Funktionen. CB1-Rezeptoren haben einen Einfluss auf die Regulierung des Schmerzempfindens, die Motorik, Empfindungen wie Euphorie und Freude sowie auch die Psyche und die Durchblutung. CB2-Rezeptoren befinden sich hauptsächlich im Immunsystem. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die CB2-Rezeptoren in der Lage sind, Schmerzempfinden und Entzündungsprozesse zu reduzieren. Eine Aktivierung der CB2-Rezeptoren hat zudem eine beruhigende Wirkung auf den Körper.
Die Aktivierung der Rezeptoren erfolgt durch die Endocannabinoide. Hier wird es interessant, denn die vom Körper selbst hergestellten Endocannabinoide und die in der Pflanze produzierten Phytocannabinoide ähneln sich sehr, daher gehen Forscher davon aus, dass auch Phytocannabinoide an die CB1- und CB2-Rezeptoren andocken und Effekte hervorrufen können. Die beiden wichtigsten Endocannabinoide sind das Anandamid und das 2-Arachidonoglycerol (2-AG). Cannabinoide sind also nichts Schlechtes, ganz im Gegenteil. Im Körper eines jeden Menschen sind Cannabinoide vorhanden, sie werden jeden Tag neu produziert.
Phytocannabinoide in der Hanfpflanze
In der Pflanzengattung Cannabis sativa sind mehr als 100 Phytocannabinoide enthalten. Zu diesen Phytocannabinoiden zählt das bestens bekannte THC, aber auch CBD. Bisher konnte diese Stoffgruppe lediglich in der Hanfpflanze entdeckt werden. Phytocannabinoide interagieren mit den Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems und können sowohl Agonisten als auch Antagonisten der CB1- und CB2-Rezeptoren sein. Agonisten besetzen einen Rezeptor und aktivieren einen Vorgang, Antagonisten hemmen durch die Aktivierung des Rezeptors einen Zellvorgang. Bislang konnten zwar schon einige Phytocannabinoide der Hanfpflanze identifiziert werden, dennoch gehen Forscher davon aus, dass es in der Hanfpflanze noch viele weitere gibt, die erst noch entdeckt werden müssen. Einige der Phytocannabinoide der Hanfpflanze konnten aber schon etwas näher erforscht werden. Die folgenden Phytocannabinoide sind bisher die wichtigsten, die in der Cannabispflanze zu finden sind.
Tetrahydrocannabinol (THC)
Dieses Phytocannabinoid ist wohl derzeit das bekannteste. Es wird immer wieder in Zusammenhang mit Drogenhandel und Drogenmissbrauch genannt. Das hat natürlich seinen Grund, denn THC hat bekanntlich eine psychoaktive Wirkung. Es ist diese psychoaktive Wirkung, die dafür gesorgt hat, dass die gesamte Cannabispflanze in Verruf geraten ist. In den meisten Teilen der Welt ist Cannabis illegal und darf weder angebaut noch konsumiert werden. Welche Auswirkungen der Konsum von THC haben kann, ist sicher den meisten bekannt, daher ist es absolut selbstverständlich, dass THC zu den verbotenen Substanzen gehört. Die Cannabispflanze hat aber noch mehr Phytocannabinoide zu bieten.
Cannabidiol (CBD)
Das CBD steht zwar noch immer ein wenig im Schatten vom psychoaktiven THC, dennoch erlangt dieses Cannabinoid immer mehr Bekanntheit. CBD wird vor allen Dingen wegen seiner therapeutischen Eigenschaft geschätzt. Es wirkt nicht psychoaktiv, hat dafür aber sehr viele positive Effekte auf den Körper. Welche Wirkung CBD genau hat, konnte noch nicht umfassend erforscht werden. Es gibt jedoch bereits einige belegte Wirkungen und die Forschung geht davon aus, dass CBD ein großes Potenzial hat, wenn es um die Bekämpfung von Krankheiten geht. CBD Produkte können ganz legal gekauft und verwendet werden.
Cannabigerol (CBG)
Das Cannabigerol, abgekürzt CBG, ist eher weniger bekannt, jedoch spielt es eine wichtige Rolle. CBG gilt als Vorstufe der meisten anderen Phytocannabinoide der Hanfpflanze. Im Laufe des Wachstums der Hanfpflanze wird CBG durch Enzyme in andere Cannabinoide umgewandelt. Das ist der Grund, warum in einer Pflanze, die voll entwickelt ist, nur noch wenig CBG zu finden ist. Wissenschaftler nehmen an, dass es eine große Zahl therapeutischer Anwendungsgebiete für das CBG gibt. Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass CBG sogar noch eine bessere Wirkung als CBD bei bestimmten Beschwerden haben könnte.
Cannabigerolsäure (CBGA)
Die Cannabigerolsäure CBGA ist bisher noch recht unbekannt. Allerdings spielt auch sie eine wichtige Rolle, denn sie gilt als sogenanntes Mutter-Cannabinoid und spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung anderer Cannabinoide. CBGA ist das erste Cannabinoid, das die Hanfpflanze produziert. Enzymatische Umbauprozesse sorgen dann dafür, dass daraus weitere Cannabinoide entstehen. Aus der Cannabigerolsäure werden beispielsweise die Vorläufer für CBD, THC und CBG hergestellt: Cannabidiolsäure (CBDA), Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) und Cannabichromensäure (CBCA).
Cannabidiolsäure (CBDA)
Die Cannabidiolsäure ist ein Vorläufer des CBDs. Wissenschaftler gehen davon aus, dass CBDA sogar wirkungsvoller sein könnte als das CBD, dafür fehlen bisher aber noch entsprechende Belege.
Cannabichromen (CBC)
Das CBC ist besonders aufgrund seiner medizinischen Wirkung interessant. Es konnte bereits gezeigt werden, dass CBC schmerzstillende und entzündungshemmende Effekte haben kann. Zudem soll es auch Potenzial haben, bei der Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen zu helfen. Besonders interessant ist allerdings eine Wirkung, der Forscher momentan verstärkt nachgehen, denn CBC soll auch in der Lage sein, bei der Bekämpfung von Tumoren zu helfen. Dafür gibt es aber bisher noch keine Belege, es handelt sich lediglich um Vermutungen von Forschern.
Cannabidivarin (CBDV)
Das CBDV ist ein Cannabinoid, das bisher nur wenig untersucht wurde. Allerdings scheint es ein medizinisches Potenzial zu haben bei der Behandlung von Epilepsie und weiteren neurologischen Krankheiten. Ein guter Grund für umfassende Studien mit dem Cannabidivarin. Von der Struktur her ähnelt das CBDV dem CBD sehr.
Cannabinol (CBN)
Das CBN ist ebenfalls ein nicht psychoaktiver Bestandteil der Hanfpflanze und bietet auch viele Vorteile für den Körper. Es soll bei der Linderung von Schmerzen und auch bei Schlafproblemen hilfreich sein können. Der Schlaf kann verlängert und die Schlafqualität verbessert werden.
Das sind die Cannabinoide der Hanfpflanze, die bisher nicht nur erkannt, sondern auch schon mehr oder weniger erforscht wurden. Insgesamt gibt es nach bisherigem Kenntnisstand ganze 113 Phytocannabinoide in der Cannabispflanze. Vermutet wird aber, dass es noch viel mehr sind. Die Forschung war bisher nicht in der Lage, alle Cannabinoide umfassend zu erforschen, von vielen ist noch gar nichts bekannt, was die mögliche Wirkung angeht. Im Fokus der Forschung steht aber derzeit das CBD, da diesem Wirkstoff ein sehr großes Potenzial im medizinischen Bereich zugeschrieben wird. Aus diesem Grund gibt es immer mehr Studien, die sich damit befassen.
Phytocannabinoide in anderen Pflanzen
Bislang konnten Phytocannabinoide nur in der Hanfpflanze nachgewiesen werden. Allerdings zeigen neueste Forschungen, dass auch andere Pflanzen in der Lage sind, Stoffe zu produzieren, die an die CB1- und CB2-Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems andocken können. Ob es sich dabei wirklich um Phytocannabinoide handelt, konnte bisher noch nicht festgestellt werden. Allerdings steht fest, dass es in anderen Pflanzen chemische Verbindungen gibt, die eine ähnliche Wirkungsweise haben wie Cannabinoide.
Ein Beispiel ist der Pfefferstrauch. In dieser Pflanze sind Terpene enthalten, so wie das Beta-Caryophyllen. Diesem Terpen werden entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben. Es ist in der Lage, ebenfalls an die CB2-Rezeptoren anzudocken und einen Effekt hervorzurufen. Im Kakao soll es sogar drei unterschiedliche chemische Verbindungen geben, die von der Wirkung her den Cannabinoiden ähneln. Auch der Sonnenhut, der häufig bei Erkältungen genutzt wird, enthält Stoffe, die sich ähnlich wie Cannabinoide verhalten sollen. Diese Stoffe werden als Cannabimimetika bezeichnet und sollen in der Lage sein, Einfluss zu nehmen auf das Schmerzempfinden, auf Entzündungen im Körper und das Immunsystem.
Phytocannabinoide – Wirkstoffe mit einem sehr großen Potenzial
Die Welt der Phytocannabinoide ist sehr groß. So groß, dass es nur sehr schwer möglich ist, alle möglichen Wirkungen dieser Phytocannabinoide in nächster Zeit zu entschlüsseln. Bislang war es ja noch nicht einmal möglich, alle in der Hanfpflanze enthaltenen Cannabinoide zu entdecken. Wissenschaftler sind sich einig, dass die Cannabispflanze mit all ihren Inhaltsstoffen einen großen Einfluss auf die Behandlungsweisen der Zukunft haben kann. Viele Forscher sagen bereits voraus, dass Phytocannabinoide dafür sorgen könnten, dass die Einnahme von Medikamenten mit starken Nebenwirkungen reduziert werden kann. Sie schreiben den Phytocannabinoiden ein sehr großes Potenzial zu, allen voran dem CBD und auch dem CBG. Dennoch ist es möglich, dass noch weitere sehr effektive Phytocannabinoide in der Hanfpflanze enthalten sind, die bisher nur noch niemand entdeckt hat. Bislang sind es 113 Phytocannabinoide, die bereits gefunden wurden. Es können aber durchaus noch doppelt so viele auf ihre Entdeckung warten. Fest steht, dass Phytocannabinoide wertvolle Stoffe sind, die durchaus zu einem Umdenken in der Behandlung von unterschiedlichen Erkrankungen führen können. Bis es allerdings so weit ist, müssen noch viele Studien durchgeführt werden, um die Wirkungsweise der Cannabinoide größtenteils entschlüsseln zu können.